Zwei Wochen umsonst wohnen, neue Leute treffen, die Stadt erkunden – Eisenhüttenstadt in Brandenburg lädt zum Probewohnen im September ein. Warum die Stadt auf junge Familien hofft, wie das Nachtleben aussieht und für wen sich das Angebot noch lohnt.
Eisenhüttenstadt hat rund 25.000 Einwohnerinnen und Einwohner – noch. Denn die Stadt will wachsen und gibt deshalb jetzt Interessierten die Möglichkeit, dort zwei Wochen sozusagen auf Probe zu leben. Wer das tun will, kann sich online bewerben. Wird eine Person ausgewählt, darf sie mit bis zu drei weiteren Leuten Anfang September in eine möblierte Wohnung einziehen – auf Kosten der Stadt.
Anforderungen fürs Probewohnen
Wichtig zu wissen: Die Wohnungen, die zur Verfügung gestellt werden, sind nicht barrierefrei. Außerdem sind keine Haustiere erlaubt. Wer sich bewerben möchte, muss zudem bestimmte Anforderungen erfüllen:
- neugierig auf das Leben und die Menschen vor Ort sein
- sich mit der Geschichte von Eisenhüttenstadt auskennen
- Lust auf Probearbeiten oder Mini-Praktika haben
- Ideen mitbringen, wie sich Eisenhüttenstadt weiterentwickeln kann
- Motivationsschreiben einreichen
Junge Familien gefragt
Nach Angaben der Stadt haben sich bislang (Stand: 4.6.2025) rund 400 Leute für das Probewohnen beworben. Julia Basan ist verantwortlich für die Aktion und würde sich freuen, wenn insbesondere junge Familien fürs Probewohnen nach Eisenhüttenstadt kämen.
“Wir sprechen natürlich auch gezielt Fachkräfte an. Aber natürlich, wenn ein Rentner hierher kommen möchte, dann ist er uns auch ganz recht.”
Julia Basan, kümmert sich um die Probewohnen-Aktion in Eisenhüttenstadt
Problem: Strukturschwäche
Eisenhüttenstadt in Brandenburg ist eine von vielen ostdeutschen Städten, aus denen in den 1990er-Jahren vor allem viele junge Menschen weggezogen und nach Westdeutschland gegangen sind. Langsam kehrt sich das aber wieder um, sagt Julia Basan: “Die Bevölkerung wächst seit kurzem wieder.” Sie selbst kommt aus Rügen und lebt inzwischen in Eisenhüttenstadt.
Gegen den Fachkräftemangel
Die Stadt ist eine von vielen in Deutschland, in der Fachkräfte fehlen. Mit der Probewohnen-Aktion will man dem entgegensteuern. “Wenn junge Menschen aus einer Region wegziehen, wird die Bevölkerung vor Ort älter”, erklärt Deutschlandfunk-Nova-Reporter David Freches. “Es gibt weniger Fachkräfte, weil die, die da sind, in Rente gehen. Und wenn weniger Leute arbeiten, gibt es weniger Kaufkraft.”
“Das endet dann oft in dem, was Fachleute ‘Strukturschwäche’ nennen. Eine Aktion wie das Probewohnen ist also auch ein bisschen die Flucht nach vorn.”
David Freches, Deutschlandfunk-Nova-Reporter
Wer zum Probewohnen nach Eisenhüttenstadt kommt, muss sich aber auch darüber im Klaren sein, dass er nicht nach Berlin zieht: “Es ist eine kleine Mittelstadt mit 25.000 Menschen. Es gibt da immer wieder Veranstaltungen und auf jeden Fall auch ein paar Bars und Restaurants”, sagt unser Reporter.
Stadtsprecher Valentin Franze ist aber optimistisch, was das Eisenhüttenstädter Nachtleben der Zukunft angeht: “Es gibt in Eisenhüttenstadt einen Nachtclub, der hat einen neuen Betreiber und quasi neu aufgemacht. Da kann man auf jeden Fall mal vorbeischauen.” Vorher war der Club laut Online-Bewertungen durchwachsen beliebt. Mit mehr jungen Leuten in Eisenhüttenstadt könnte sich das aber ändern.